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Ampelstart: Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung im KMU-Check

Ampelstart: Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung im KMU-Check

Auf welche Rahmenbedingungen Unternehmen sich einstellen können und wo die Regierung konkretisieren muss

Eine Koalition des Aufbruchs möchte die neue Bundesregierung sein, mit Schwung und Tempo das Land modernisieren. Das klingt erst mal gut – auch in den Ohren von Unternehmern. Viele Unternehmer, Manager und Verbände loben die Ziele, die sich die Ampel-Koalition etwa beim Abbau von Bürokratie oder beim Ausbau erneuerbarer Energien und digitaler Infrastruktur gesetzt hat. Nun müssen SPD, Grüne und FDP im Kanzleramt und in den Ministerien liefern. In einigen Bereichen wird der Koalitionsvertrag bereits sehr konkret, andere wiederum bleiben eher schwammig. Was hält die Ampelkoalition für Mittelständler bereit? Die Bereiche Arbeitsmarkt, Bürokratie, Digitalisierung, Energiewende und Steuern im KMU-Check:

Auf einen Blick

  • Ein Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde wird Unternehmen stark fordern.  
  • Ausländische Fachkräfte erhalten leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt. 
  • Entlastungen plant die Ampelkoalition beim Strompreis, unter anderem durch ein Ende der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis, 
  • Für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung winkt eine „Superabschreibung“ 
  • Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen verbessert werden. Wie ein Bürokratieentlastungsgesetz aussehen kann, ist aber noch unklar.  

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Bildquelle: HANDELSBLATT MEDIA GROUP

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Vor genau zwei Wochen wurde Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt. Zuvor haben die Parteien der neuen Bundesregierung dem 179-seitigen Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ zugestimmt. Nun beginnen sie mit der Arbeit – und müssen ihre Versprechen von schnelleren Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie und einem klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft wahrmachen.

Immerhin: Sie starten mit Vorschusslorbeeren. In vielen Punkten unterstützt die deutsche Wirtschaft ihre Pläne. Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags etwa erkennt einen „konstruktiven Zukunftsgeist“ im Koalitionsvertrag. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands Die Familienunternehmer lobt, dass die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren weit oben auf der Agenda stehe. Und Marc S. Tenbieg, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstandsbunds (DMB) sagt, die deutsche Wirtschaft brauche ein Jahrzehnt der Innovationen und Investitionen, bei der Modernisierung der Verwaltung ebenso wie bei Infrastruktur, Energiewende und Digitalisierung. „Unserer Analyse nach beinhaltet der Koalitionsvertrag dahingehend einige gute Ansätze. Dennoch bleiben viele wichtige Punkte vage“, so Tenbieg. Sein Verband hat die zentralen Vorhaben der Ampel analysiert und bewertet. Wie mittelstandsfreundlich sind die Regierungspläne für Arbeitsmarkt, Bürokratieabbau, Digitalisierung, Energiewende und Steuern?



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Bildquelle: gettyimages, Merten Snijders

Arbeit und Bildung:

Am meisten Kopfzerbrechen bereitet die geplante einmalige Anpassung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Sie wird Unternehmen, die nach der Corona-Pandemie ohnehin schon stark gefordert sind, weiter belasten. Positiv bewertet der DMB hingegen die angekündigten Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Denn nicht nur in der Pflege, auch in Ingenieursberufen, der IT oder im Handwerk zeichnet sich seit vielen Jahren ab, dass es immer schwieriger wird, geeignete Mitarbeiter zu finden. Hier möchte die Bundesregierung die Aus- und Weiterbildung fördern, indem sie die Kosten für Meisterprüfungen senkt und das Aufstiegs-BAföG ausbaut. Auch die Pläne, ausländischen Fachkräften den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu vereinfachen, etwa mit einer Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems, und Hürden bei der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen aus dem Ausland zu senken, dürfte Unternehmen zugutekommen.

Bürokratieabbau:

Wer Unternehmer nach den größten bürokratischen Hindernissen fragt, wird vermutlich eine Antwort erhalten, in der Formulierungen wie „lange Genehmigungsverfahren, umständliche Amtswege, unnötige Überregulierung“ enthalten sind. Immerhin 50 Prozent der von den Verbänden „Die Jungen Unternehmer“ und „Die Familienunternehmer“ befragten Entscheider, bewerten Bürokratiekosten und Überregulierung als größte Investitionshindernisse. Schon im ersten Regierungsjahr will die Ampel alle notwendigen Entscheidungen treffen, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu modernisieren, zu entbürokratisieren und zu digitalisieren. Ansonsten sind die Pläne wenig konkret. Wie das im Koalitionsvertrag erwähnte Bürokratieentlastungsgesetz aussehen soll ist ebenso unklar, wie die weitere Umsetzung des Prinzips „One-in-one-out“, nach dem jedes Bundesministerium im gleichen Maße Belastungen abbauen muss, wenn neue Regelungen zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft erzeugen.

Digitalisierung:

Ganze 226 mal kommt das Wort „digital“ im Koalitionsvertrag vor. Volker Wissing, der nicht nur Verkehrs- sondern explizit auch Digitalminister sein möchte, muss Einiges aufholen – allen voran beim Glasfaser- und Mobilfunknetzausbau sowie der Digitalisierung von Verwaltung und Schulen. Damit Unternehmen diese Infrastruktur gewinnbringend nutzen können, sollen sie bei der Digitalisierung durch neue und niedrigschwellige Förderprogramme unterstützt werden. Angebote wie „go-digital“, „Digital Jetzt“ oder das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“ werden weiterentwickelt. Ebenfalls positiv: Der Aufbau eines Dateninstituts soll Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben, Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren. Ein besserer Zugang zu Daten soll insbesondere KMU und Start-ups neue Geschäftsmodelle und soziale Innovationen ermöglichen.

Energiewende:

In Sachen Klima und Energie hat es der Koalitionsvertrag in sich. Konkreter als der „idealerweise“ vorgezogene Kohleausstieg sind diese Ziele: 80 Prozent erneuerbare Energien bis 2030, 200 Gigawatt Solarenergie, 30 Gigawatt Offshore-Windkraft und eine Elektrolysekapazität von 10 Gigawatt für die Wasserstoffproduktion. Um das Photovoltaikziel zu erreichen, soll die Dachfläche gewerblicher Neubauten verpflichtend für Solarenergie genutzt werden. Hier sehen sich Unternehmen unter Druck gesetzt. Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert deshalb statt einer Pflicht vor allem bessere Investitionsbedingungen. Positiv für KMU und schnell spürbar ist die geplante Entlastung bei den Stromkosten. Ab 2023 soll die EEG-Umlage nicht mehr über den Strompreis finanziert werden, sondern über einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt sowie aus Einnahmen aus dem Emissionshandel. Ebenso will die neue Bundesregierung an weitere staatlich induzierte Preisbestandteile ran. Steuern und staatliche Abgaben machen für Unternehmen einen bedeutenden Anteil des Strompreises aus und sollen grundlegend reformiert werden.

Steuern:

Der Finanzbereich bot vermutlich das größte Konfliktpotenzial in den Koalitionsverhandlungen. Eine Antwort auf Frage, wie alle zuvor genannten Vorhaben – und viele weitere – finanziert werden sollen, bleiben die Parteien schuldig. Einigen konnten sie sich auf eine sogenannte Superabschreibung für Maßnahmen in Sachen Klimaschutz und Digitalisierung. Einen Anteil der Kosten dafür sollen Unternehmen 2022 und 2023 die Kosten von ihrem steuerlichen Gewinn abziehen können. Auch ist vorgesehen, die erweiterte Verlustverrechnung bis 2023 zu verlängern und den Verlustvortrag zusätzlich auf die zwei vorangegangenen Veranlagungszeiträume auszuweiten. Das wird vor allem von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffenen Unternehmen helfen. Weitere positive Aspekte sind neue Förderprogramme für Gründer und Unternehmensnachfolger sowie eine Anhebung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen. Doch es bleibt vorerst bei einzelnen Maßnahmen. In Summe hätten sich der DMB und weitere Verbände eine mutigere Reform der Unternehmensbesteuerung

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Bildnachweis Bühnenbild: iStock, IR_Stone