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Rekommunalisierung und Netzausbau sind keine Gegensätze

Rekommunalisierung und Netzausbau sind keine Gegensätze

So finanzieren Kommunen die Modernisierung öffentlicher Infrastruktur und stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland

In Deutschland besteht Investitionsbedarf. Das gilt nicht nur für private, sondern noch stärker für öffentliche Investitionen – etwa in den Umbau der Strom- und Wärmeversorgung sowie in die Mobilitäts- und die digitale Infrastruktur. Sie schaffen die Voraussetzungen für erfolgreiches Unternehmertum. Nach einer Welle von Privatisierungen um die Jahrtausendwende wollen immer mehr Kommunen diese Aufgaben nun wieder selbst übernehmen. Sie kaufen ehemals privatisierte Unternehmen zurück, um die Versorgung nachhaltiger und die Netze leistungsfähiger und smarter zu machen. Wie die Rekommunalisierung gelingt – und wie die lokale Wirtschaft davon profitiert:

Der Zustand der deutschen Infrastruktur ist ein Dauerthema – und wird zunehmend zum Standortrisiko. Die KfW hat Ende Mai ihr jährliches Kommunalpanel veröffentlicht. Darin berichten Städte und Gemeinden von einem Investitionsrückstand von mehr als 159 Milliarden Euro. Und dabei geht es nicht nur um kaputte Straßen, zugige Schulen und dauerhaft gesperrte Autobahnbrücken. Auch der Umbau von Strom- und Wärmenetzen und eine vielfach noch unzureichende digitale Infrastruktur treiben Kämmerern Sorgenfalten auf die Stirn. Knapp jede zweite Kämmerei (48 Prozent) bezeichnete ihre Finanzlage in der Befragung lediglich als „ausreichend“ oder sogar „mangelhaft“. Nur 21 Prozent beurteilen ihre Finanzlage als „gut“ oder „sehr gut“.

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„Netze ausbauen, sie intelligenter und leistungsfähiger zu machen – das gehört zum Netzbetrieb und zur Transformation unseres Energiesystems dazu und wird für uns alle in Zukunft einen positiven Impact haben.“ 

Dr. Peer Günzel, Vertriebsleiter Infrastruktur & Versorgung bei der DAL

Kaufpreis plus Zukunftsinvestitionen finanzieren

Entsprechend reichen für die Rekommunalisierung von öffentlicher Infrastruktur nicht allein die Gelegenheit und die gute Absicht. Es braucht vor allem eine stabile Finanzierung – mit einem geeigneten Finanzierungspartner. „Wir haben mit der Übernahme der städtischen Strom- und Gasnetze eine für unser Unternehmen erhebliche Investition gewagt“, berichtet Olaf Koschnitzki. Er ist Geschäftsführer der Stadtwerke Gifhorn, die zum 1. Januar 2022 für einen zweistelligen Millionenbetrag das Strom- und Gasnetz der Stadt vom bisherigen Inhaber der Konzession, der LandE GmbH übernommen haben. Wobei sie nicht nur den Kaufpreis finanzieren mussten, sondern zusätzliche Mittel darüber hinaus, um den zukünftigen Ausbau zu finanzieren und das Stromnetz auf den steigenden Anteil erneuerbarer Energien und das Gasnetz auf Energieträger wie Wasserstoff vorzubereiten.“ Alles in allem betrug die Finanzierung ein Vielfaches der bisherigen Bilanzsumme der Stadtwerke Gifhorn. Möglich wurde sie dennoch, weil Olaf Koschnitzki gemeinsam mit der DAL Deutsche Anlagen-Leasing ein maßgeschneidertes Finanzierungskonzept aufgestellt hat.

In dessen Zentrum steht eine neu gegründete Tochtergesellschaft, die Stadtwerke Gifhorn Netz GmbH (SWGN). Sie übernimmt die Infrastruktur und wurde mit dem entsprechenden Kapital ausgestattet. „Solch eine Sprunginvestition zu realisieren, ist für alle Beteiligten ein großer Schritt“, sagt Christian Belotelev, Senior-Projektmanager Infrastruktur & Versorgung bei der DAL. Die DAL traut sich diesen Schritt zu, weil sie viel Expertise und Erfahrung hat – unter anderem bei der Bewertung von Assets wie Netz-Infrastruktur. Und weil sie um deren Bedeutung weiß: „Netze ausbauen, sie intelligenter und leistungsfähiger zu machen – das gehört zum Netzbetrieb und zur Transformation unseres Energiesystems dazu und wird für uns alle in Zukunft einen positiven Impact haben“, sagt Dr. Peer Günzel, Vertriebsleiter Infrastruktur & Versorgung bei der DAL.

Strom, Gas, warum nicht auch Glasfaser?
Bildquelle: iStock, ArtistGNDphotography

Rekommunalisierung stützt regionale Wirtschaft

Ein prominentes Beispiel, wie sehr Rekommunalisierung auch der regionalen Wirtschaft dient, ist die Stromnetz Hamburg GmbH. Per Volksentscheid beschlossen die Bürger 2013, das Stromnetz vom damaligen Betreiber Vattenfall zurückzukaufen. 2021 hat Stromnetz Hamburg vom privaten Forschungsinstitut Conoscope berechnen lassen, welchen Effekt die Rekommunalisierung auf die Volkswirtschaft der Hansestadt hat. Demnach ist jeder Euro Wertschöpfung, den der Netzbetreiber erwirtschaftet, mit weiteren 40 Cent Wertschöpfung in Hamburg verknüpft, insgesamt 116,9 Millionen Euro pro Jahr. Dabei handelt es sich vor allem um Investitionen, die über zahlreiche Aufträge an regionale Unternehmen gehen.

Strom, Gas, warum nicht auch Glasfaser?

Was sich in der Energieversorgung bewährt hat, kann auch ein Modell für Telekommunikationsnetze sein. Insbesondere für den Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland, der – trotz vielfältiger Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten – noch immer stockt. Das gefährdet Regionen außerhalb der gut versorgten Ballungszentren als Wirtschaftsstandort. Als Partner des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge (KOWID) an der Universität Leipzig hat die DAL schon im Jahr 2019 eine Studie zur Förderung des Breitbandausbaus im ländlichen Raum veröffentlicht. Als größte Hemmnisse wurden darin ein unsicheres Regulierungsumfeld sowie fehlende Finanzierungsmöglichkeiten für Kommunen identifiziert. Demnach betreiben nur 19 Prozent der Städte und Gemeinden selbst ein Glasfasernetz. Das Gros (63 Prozent) bevorzugt das sogenannte Wirtschaftlichkeitslückenmodell. Dabei unterstützt eine Kommune ein Telekommunikationsunternehmen mithilfe von staatlichen Fördergeldern beim Netzausbau in Gebieten, in denen dies für das Unternehmen ansonsten nicht wirtschaftlich wäre.

Doch die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass die gesteckten Ziele – die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag formuliert, bis 2030 allen Haushalten einen Gigabit-Glasfaserzugang zu ermöglichen – so nur schwer zu erreichen sind. Im Jahr 2021 waren laut Angaben der OECD lediglich 6,4 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse Glasfaseranschlüsse. Zum Vergleich: Im OECD-Durchschnitt sind es 32,4 Prozent.

Für das Wirtschaftlichkeitslückenmodell sprechen laut KOWID-Studie geringere Risiken, weniger Verwaltungsaufbau und ein geringerer Finanzierungsbedarf. Für das Betreibermodell entscheiden sich Kommunen hingegen, weil sie von einer schnelleren Umsetzung überzeugt sind und das Eigentum an einer passiven Infrastruktur wie einem Glasfasernetz als Asset betrachten. Auch Christian Belotelev ist sich sicher: „Das Thema Glasfaser kann für die Geschäftsmodelle von Stadtwerken und Regionalversorgern eine wichtige Rolle spielen. Als Spezialist für die Begleitung großer Infrastrukturvorhaben stehen wir bereit, regionale Breitband-Vorhaben auf der Finanzierungsseite zu strukturieren und damit deren Umsetzung zu erleichtern.“


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Bildnachweis Bühnenbild: iStock, peterschreiber.media