Direkte, langfristige Lieferverträge zwischen Erneuerbaren-Energien-Erzeugern und Großverbrauchern mobilisieren private Investitionen, um den steigenden Bedarf an grünem Strom zu decken und die Klimaziele zu erreichen. Hier bieten sich auch für industrielle Stromabnehmer Chancen, die gegenüber den entstehenden unternehmerischen Risiken im Vorfeld sorgfältig evaluiert und in einer passenden Vertrags- und Finanzierungsstruktur abgebildet werden müssen.
Von: Dr. Peer Günzel stellvertretender Geschäftsführer, DAL Deutsche Anlagen-Leasing GmbH & Co. KG, VIK Mitteilungen: Das Fachmagazin des Verbands der Industriellen Energie- & Kraftwirtschaft, März 2024. © Alle Rechte vorbehalten.
Die Stromversorgung in Deutschland soll bis zum Jahr 2030 zu 80 Prozent klimaneutral sein. Dafür muss nach derzeitigen Schätzungen die erneuerbare Stromerzeugung von 252 auf etwa 600 Terawattstunden (TWh) steigen – und sich damit mehr als verdoppeln, um auch den erwartbar steigenden Bedarf zu decken.
Zu wenige Anlagen
Um die benötigten erneuerbaren Strommengen bereitstellen zu können, hat die Bundesregierung ambitionierte Ausbauziele festgelegt: Bis zum Jahr 2030 soll sich die installierte Photovoltaikleistung auf 215 Gigawatt (GW) verdreifachen und die Leistung der Windenergieanlagen an Land auf 115 GW verdoppeln. Im Klartext: Um diese Ziele zu erreichen, muss die Zahl der Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien deutlich erhöht werden.
Neue Instrumente
Längst ist klar, allein mit den bisherigen Instrumenten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird sich die benötigte Ausbaugeschwindigkeit nicht erreichen lassen. Nötig sind EEG-unabhängige Geschäftsmodelle, die die Finanzierung, den Bau und den Betrieb von Solar-, Windkraft- oder Öko-Wasserstoffanlagen attraktiver und das grüne Engagement für Investoren lukrativer machen. Nur mit neuen Finanzierungs- und Geschäftsmodellen kann die vor allem unternehmensseitig stark steigende Nachfrage langfristig bedient werden: Der Wunsch nach stabilen Strompreisen, die jährlich zunehmende CO2-Bepreisung von fossilen Energieträgern und die damit einhergehende Herausforderung, eigene Produktionsprozesse möglichst weitgehend zu defossilisieren, lassen bei Unternehmen den Bedarf nach Strom aus erneuerbaren Energien stetig steigen.
Green Power Purchase Agreements
Hier kommen die Green Power Purchase Agreements (PPAs) ins Spiel. PPAs tragen dazu bei, private Investitionen in die Energiewende zu mobilisieren und zusätzliche Projekte für Öko-Energien unabhängig vom EEG zu finanzieren. Hinter dem etwas sperrigen Begriff Power Purchase Agreements steckt erstmal nichts anderes als die Vereinbarung von langfristigen Direktlieferverträgen für förderfreien erneuerbaren Strom. Dabei werden zwischen den Betreibern von Solar- und Windparks sowie den Energiekäufern, wie etwa Großunternehmen oder Energieversorgern, feste Stromabnahmeverträge für einen bestimmten Zeitraum verhandelt abgeschlossen – in der Regel mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren. Dahinter stecken komplexe Vertragswerke, die von den Beteiligten umfangreiche Marktkenntnisse bzw. das Hinzuziehen erfahrener Berater verlangen.