Wie sinnvoll sind (in diesem Zusammenhang) Diskretions- bzw. Akustikelemente direkt am Schreibtisch?
Eva Boss: Eine funktionierende Raumakustik ist sicher einer der Haupterfolgsfaktoren für gute neue Arbeitswelten. Hier betrachten wir immer gemeinsam mit unseren Fachplaner:innen als Expert:innen auf diesem Gebiet das große Ganze. Denn Akustikmaßnahmen sind in unseren Konzepten integrativer Bestandteil des Gestaltungskonzeptes. Diskretionselemente an Schreibtischen sind hierbei ein Baustein von mehreren wichtigen Faktoren im Raum. Am Schreibtisch eignen sie sich vor allem dafür, ungestörtes Arbeiten und Konzentrationsarbeit zu unterstützen. Wenn Büroflächen offener gestaltet werden und sich mehr Kolleg:innen in einem Raum aufhalten, kann das sinnvoll sein. Diese Elemente dienen aber nicht unbedingt dafür, dass Mitarbeiter:innen ihre Videocalls am eigenen Schreibtisch durchführen. Für längere Gespräche, Telefonate und vor allem Video Calls empfehlen wir, den Schreibtisch zu verlassen und in eine dafür vorgesehen Raumsituation zu wechseln. Nicht nur um Rücksicht auf Kolleg:innen zu nehmen, sondern auch um eine passende Umgebung (akustisch + optisch) für den Call zu gewährleisten.
Im Zuge neuer Flächenkonzepte sehen wir derzeit eine Zunahme bei der Umwandlung von 2er in 3er Büros. Wie sehen sie die akustische Situation und die Konzentrationsmöglichkeit in diesem Konzept im Gegensatz zu Arbeitsplätzen in offenen Flächen?
Eva Boss: Die Frage danach, wo und wie konzentriertes Arbeiten am besten möglich ist, ist vor allem eine Frage nach der Kultur des Miteinanders bzw. dem vorherrschenden „Arbeitsknigge“. Daher lässt sich diese Frage nicht ganz pauschal beantworten. Aus raumakustischer Sicht sind jedoch 2er-Büros in der Regel schwer „in den Griff zu bekommen“, weil der eine immer für den direkt anderen Ansprechpartner:in ist und die Geräusche von Telefonaten & Co „im Raum eingesperrt“ bleiben. Bei 3er-Konstellationen verbessert sich diese Situation nicht unbedingt. Das heißt, insgesamt ist in kleineren Zelleneinheiten mit 2-3 Schreibtischplätzen viel Disziplin gefragt. Wenn einer konzentriert arbeiten will und der andere am Platz z.B. einen Video Call hat, ist eine Störung allerdings vorprogrammiert. Multispaces bieten hier eine bessere Geräuschverteilung mit schallabsorbierenden Flächen und darüber hinaus Zonen, die genau für Austausch und Besprechungen ausgelegt sind.
Je nach Konzept und Aufgabenverteilung können Zellenstrukturen für 2-3 Personen natürlich Sinn machen. Raumakustisch, aber auch bzgl. Workflow und Teamgeist, empfehlen wir jedoch zumindest in Teilbereichen offene Arbeitswelten.
Wenn wir schon über die Neugestaltung von Flächen oder Büros sprechen, kommen wir um das Thema Nachhaltigkeit nicht herum. Wie können Unternehmen in Innenräumen, z.B. bezüglich Strukturen oder Materialien, besonders nachhaltig agieren – für die Mitarbeiter:innen aber auch die eigene Nachhaltigkeitsbilanz?
Eva Boss: Nachhaltigkeit hat viele Dimensionen. Flexible und modulare Grundrisskonzepte sind nachhaltig, weil sie auf Veränderungen im Unternehmen ohne Umbaumaßnahmen reagieren können. Eine sinnvolle technische Gebäudeausstattung ist nachhaltig, weil innovative Lüftungs- und Lichtkonzepte zu mehr Wohlbefinden beitragen können. Aber natürlich sind es auch Materialien, die das Thema Nachhaltigkeit visuell spielen. So setzen wir gerne natürliche Holzwolleplatten für die Raumakustik an der Decke ein oder arbeiten mit Teppichböden aus beispielsweise recycelten Fischernetzen. Es gibt inzwischen viele Vorhang- und Bezugsstoffe sowie ganze Möbelkonzepte, die nachhaltig sind und je nach Konzept und Unternehmen Einsatz finden. Das Thema Pflanzen spielt eine immer größere Rolle und ist auch für die mentale Gesundheit erwiesenermaßen förderlich. Aber auch die kleinen Details, wie das Getränke- und Snackangebot, das Geschirr und die Mülltrennung in Unternehmen sind Beiträge für eine bessere Welt! Wir beraten Unternehmen gerne und finden gemeinsam den richtigen Weg für ein authentisches Nachhaltigkeits-Konzept.
Verraten sie uns abschließend drei Tipps, die man beim Umgang mit New Work unbedingt berücksichtigen sollte?
Heiner Kolde:
1. OM-line ist das neue online: Entspannte Verbundenheit und smarte Nutzung digitaler Technologien, aber eben auch das Nicht-immer-online-sein-müssen sind die Zukunft!
2. Openess macht uns (noch) besser: Die Pandemie hat uns gezeigt, dass z.B. Homeoffice doch großflächig funktioniert hat, deshalb müssen wir auch in Zukunft offen bleiben für Neues!
3. Curiosity is key: Neugier ist wie eine Brücke von der Herausforderung zur Lösung. Wie auch Dr. Carl Naughton weiß: „Kaum etwas bringt uns stärker voran als Neugier.“ Deshalb sollte sie Teil unser aller Mindset sein und werden!
Vielen Dank für das Interview!