An dieser Stelle wird klar, dass eine digitale Risikoverteilung und –zuweisung hier zu keinem guten Gesamtergebnis führen kann. Vielmehr müssen die Interessenspositionen des Bestellers nach einer bestmöglichen Absicherung von Zinsänderungsrisiken unter Berücksichtigung der hierdurch entstehenden Zusatzkosten und die des Herstellers nach einer möglichst weitgehenden Vermeidung von Folgeschäden im Fall einer verspäteten bzw. Nichtlieferung – vor allem wegen der nur schwer zu beeinflussenden Realisierung von Zulassungs- und Technologierisiken – mittels einer innovativen Risikosteuerung und entsprechenden Vertragsgestaltungen im Einzelfall berücksichtigt werden.
Vor allem sollte bei der Strukturierung eines komplexen Projektes - unabhängig von der Frage der Risikoverteilung und Risikosteuerung – ein besonderes Augenmerk auf die optimale Nutzung aller Möglichkeiten zur Risikominimierung gelegt werden. Bei der Herstellung von Fahrzeugen mit zeitlich (deutlich) unterschiedlichen Lieferzeitpunkten sollte in solchen Fällen immer über eine entsprechende Tranchierung der Langfristfinanzierung nachgedacht werden.
Risikomanagement durch Multi-Partite-Agreement
Um die Möglichkeit einer – wie dargestellt sehr sinnvollen - interessens- und strukturgerechten Risikosteuerung zu schaffen, wird die Vertragsdokumentation strukturell um ein Multi-Partite-Agreement (MPA) zwischen Finanzierer(n), gegebenenfalls Leasinggeber, Besteller und Hersteller zu ergänzen sein. Die Funktion dieses MPA ist es, die wechselseitigen Interessen der Transaktionsbeteiligten auszugleichen, indem die Forward-Fixingmechanik über Besteller und Finanzierer hinaus auf den Hersteller erstreckt und dieser insoweit in die Fixingabrede integriert wird.
Hierzu vereinbaren die Parteien laufzeit- und/oder tranchenbezogen zunächst einen – überhalb des aktuellen Marktzinssatz liegenden – Referenzzinssatz, ab dem der Besteller berechtigt ist, die Zinssicherung der Langfristfinanzierung mit Zustimmung des Herstellers einzugehen. Um wiederum das Risiko des Herstellers nach oben zu begrenzen, wird zugleich ein maximaler Marktzins vereinbart, bis zu dem die Ersatzpflicht besteht.
Stimmt der Hersteller einem Forward-Fixingverlangen des Bestellers zu, erfolgt das Zinsfixing, wie vom Besteller verlangt. Stimmt der Hersteller hingegen nicht zu, ist der Besteller berechtigt, vom Liefervertrag zurückzutreten. Hierdurch wird erreicht, dass im Fall eines (deutlichen) Anstiegs der Zinskonditionen der Besteller sein Interesse nach Zinsabsicherung durchsetzen kann. Das aber nur nach Abstimmung mit dem Hersteller und ggf. Anpassung der Parameter gem. dem dann bekannten Status der Herstellung der Fahrzeuge.
Ist das Zinsfixing mit Zustimmung des Herstellers erfolgt und kommt dieser seiner Lieferverpflichtung nicht wie vereinbart nach, ist er gegenüber den Finanzierer(n) verpflichtet, mit schuldbefreiender Wirkung für den Besteller den hieraus entstehenden Schaden aus der zeitlich verzögerten Abnahme bzw. der der erforderlich werdenden Auflösung der Finanzierung bzw. Festzinsvereinbarung, die im MPV jeweils definiert werden, zu ersetzen.
Im Falle der Vornahme eines durch den Hersteller genehmigten Zinsfixings hat dieser die Möglichkeit, sich durch Abschluss eines korrespondierenden Zinssicherungsgeschäftes abzusichern.